MusikWoche

Recorded & Publishing

Seit über zehn Jahren gab es bei [Deezer](/company/deezer-deutschland-oesterreich-und-schweiz) keine Preiserhöhungen, nun passte der französische Streamingdienst [im Februar](/article/deezer-schraubt-abo-preise-in-deutschland-und-oesterreich-nach-oben-62e1c3db8c5417be11698768c37eaef9) seine Preise in Deutschland und Österreich für Neukund*innen an. [Thomas Chabin](/person/thomas-chabin), Geschäftsführer DACH bei Deezer, erläutert die neue Preispolitik.


MusikWoche: Warum hat sich Deezer dafür entschieden, die Preise - nach Frankreich und Großbritannien - auch in Deutschland zu erhöhen?


Thomas Chabin: Zunächst einmal gilt die Preisanpassung in Deutschland nur für Neukund*innen. Sie bekommen jetzt standardmäßig Zugriff auf Musik in verlustfreier HiFi-Qualität. Damit möchten wir unseren neuen Abonnent*innen einen Mehrwert bieten, so dass sie Musik ab sofort in CD-Qualität genießen können. HiFi als neuer Standard ermöglicht es auch, die wachsende Zahl hochwertiger Audiogeräte auf dem Markt voll auszuschöpfen. Ebenso wichtig ist, dass mit diesen neuen Preisen die Auszahlungen an Musiker*innen und Songwriter*innen höher sind. In den letzten zwölf Jahren gab es keine Preiserhöhung. In der Zwischenzeit haben wir konstant weiter in unser Produkt investiert, und auch unser Katalog ist in diesem Zeitraum explosionsartig gewachsen, von knapp fünf Millionen auf heute über 90 Millionen Titel. Es gibt keine andere Branche, in der die Preise seit über einem Jahrzehnt nicht angepasst wurden. In anderen Branchen gehören jährlich stattfindende Preisanpassungen zur Norm.


MusikWoche: Ist diese Preiserhöhung nun auch für andere Märkte geplant?


Thomas Chabin: Wir haben bereits die Preise in den meisten unserer Länder weltweit angepasst und überall HiFi als Standard hinzugefügt. Wir haben im letzten Jahr mit der Einführung zunächst in kleineren Märkten begonnen, um dort die Preisanpassung zu testen und Erfahrungen zu sammeln. Basierend auf den von uns gesammelten Daten haben wir uns entschieden, unser Angebot in weiteren Märkten zu aktualisieren und HiFi ab 2022 standardmäßig zur Verfügung zu stellen.


MusikWoche: Rechnen Sie damit, mit diesem Modell ein Vorreiter zu sein?


Thomas Chabin: In Deutschland sind wir auf jeden Fall Vorreiter. Es wäre in Bezug auf höhere Lizenzzahlungen und die damit einhergehende Unterstützung der Künstler*innen begrüßenswert, wenn andere Musik-Streamingdienste hierzulande nachziehen.


MusikWoche: Wie sind die ersten Reaktionen der Kund*innen nach der Preiserhöhung ausgefallen?


Thomas Chabin: Die Reaktionen sind überwiegend positiv ausgefallen. Insbesondere, weil die Preisanpassung bedeutet, dass auch Künstler*innen mehr Geld bekommen, denn so können wir höhere Lizenzzahlungen an die Rechteinhaber ausschütten.


MusikWoche: Wie positioniert sich Deezer hier im Vergleich zu anderen Streamingdiensten? Was sind die Vorteile und Alleinstellungsmerkmale, dass Nutzer*innen sich für den Service von Deezer entscheiden?


Thomas Chabin: In Deutschland haben wir mit unserer eigenständigen Hörbuch-App »Audiobooks by Deezer« ein klares Alleinstellungsmerkmal. Denn derzeit sind wir der einzige Musik-Streamingdienst, der eine solche für das Streamen von Hörbüchern und Hörspielen optimierte App anbietet und in allen zahlungspflichtigen Abonnements kostenlos dazu gibt. Die App wird sehr gut angenommen, so haben sich in den vergangenen zwölf Monaten die täglich aktiven Nutzer*innen der Hörbuch-App mit einem Anstieg von 115 Prozent mehr als verdoppelt.


_»LETZTENDLICH KÖNNEN WIR DIE ART UND WEISE, WIE LABELS KÜNSTLER*INNEN BEZAHLEN, NICHT ÄNDERN.«


MusikWoche: Bis zu 70 Prozent der Einnahmen von Streamingdiensten gehen an die Rechteinhaber der Musik. Bleibt das Verhältnis mit der Preiserhöhung so, oder wer profitiert davon: Labels und Verlage, Künstler*innen oder Deezer selbst?


Thomas Chabin: Genau, etwa 70 Prozent unserer Einnahmen fließen in die Unterstützung der Künstler*innen auf der Plattform, die restlichen 30 Prozent nutzen wir, um neue Funktionen und exklusive Inhalte zu entwickeln und das Nutzererlebnis immer weiter zu verbessern. Der gleiche prozentuale Split gilt auch für die angepassten Preise.


MusikWoche: Seit 2019 wirbt Deezer für eine Umstellung des Abrechnungssystems unter dem Namen »User Centric Payment System«. In welcher Phase befindet sich das alternative Modell, und gibt es Anzeichen dafür, dass es in naher Zukunft ausprobiert wird?


Thomas Chabin: Wir unterstützen UCPS weiterhin. Letztendlich können wir die Art und Weise, wie Labels Künstler*innen bezahlen, nicht ändern. Die Gespräche mit den relevanten Stakeholdern laufen nach wie vor, aber es ist ein längerer Weg, als wir zu anfangs dachten.


MusikWoche: Welche Rolle nimmt der deutsche Markt für Deezer im internationalen Vergleich ein?


Thomas Chabin: Deutschland ist neben Frankreich und Brasilien einer der Kernmärkte für Deezer.


MusikWoche: Wenn Deezer anstrebt - nicht zuletzt durch die Kooperation mit RTL - in Deutschland noch präsenter zu sein, investieren Sie dann dafür auch in das Team hierzulande?


Thomas Chabin: Wir sind in Deutschland, was unser Team angeht, bereits gut aufgestellt. Im Zuge der RTL- Partnerschaft wie auch weiterer Kooperationen und dem zu erwartenden Umsatzwachstum für dieses Jahr, planen wir speziell im Content- und Marketing-Bereich, das Team weiter auszubauen.


Interview: Jonas Kiss


_zur Person


Thomas Chabin verantwortet seit Juni 2019 das Deutschlandgeschäft von Deezer, und seit 2020 die gesamte DACH-Region. Hier ist er insbesondere für die Bereiche Business Development, Partnerschaften, Public Relations und Sales zuständig.


Vor seinem Wechsel zu Deezer war Thomas fünf Jahre bei der DAZN/Perform Group in München tätig. Dort war er als Mitglied der Geschäftsleitung und als Sales Director unter anderem für die Vermarktung der Sport-Portale goal.com und spox.com zuständig und betreute auch die Kooperationen des Sport-Streamingdiensts DAZN.


Des Weiteren war Chabin in leitenden Media- und Sales-Positionen unter anderem bei NBCUniversal und Constantin Sport Marketing (heute: Sport1 Media)...

Thomas Chabin sieht Deezer in Deutschland "als Vorreiter"