MusikWoche

Recorded & Publishing

Am 12. August 2021 startet der [Spotify](/company/spotify) Original Podcast "Our House: Clubs und ihre Geschichten", in dem Paulina Schulz alias DJ Gigola einflussreiche Clubs in Deutschland vorstellt. Redaktionell unterstützt wird sie dabei von der Journalistin Laura Aha. Im Gespräch mit MusikWoche sprachen Schulz und Aha unter anderem darüber, wie die Clubs mit den Auswirkungen der Pandemie umgehen.


_Schon vor Corona hatten viele Clubs damit zu kämpfen, nicht schließen zu müssen - sei es wegen Lärmschutz, zu hohen Mieten oder aus anderen Gründen. Thematisieren Sie das auch in ihrem Podcast?


Laura Aha: Wenn man sich mit Clubbetreibenden unterhält, kommen solche Themen natürlich zwangsläufig auf - sei es beim Freund + Kupferstecher, die mit den hohen Mieten in Stuttgart zu kämpfen haben oder dem Uebel & Gefährlich in Hamburg, auf dessen Dach gerade ein "Lifestyle-Hotel" gebaut wird. Der innerstädtische Raum ist umkämpft und hier ziehen Clubs leider oft den Kürzeren. Über Stadtpolitik, Gentrifizierung und die Anerkennung der Clubs als Kulturorte sprechen wir in der letzten Episode unseres Podcasts mit den Betreiber*innen der ehemaligen Griessmuehle in Berlin, die letztes Jahr das Revier Suedost eröffnet haben. Prinzipiell ist uns aber wichtig zu sagen, dass "Our House: Clubs und ihre Geschichten" kein "Krisenpodcast" ist.


Paulina Schulz: Bei unserem Podcast war es uns wichtig, authentische Portraits der Clubbetreibenden und ihrer Projekte zu machen. Neben den Themen Vision, Musik, Menschen und Geschichte kommt natürlich auch sowas wie Standortbedingungen sowie Stadtpolitik zur Sprache. Und da fallen dann häufig die Stichworte Gentrifizierung, Nachbarschaftsprobleme und Zukunftsängste. Das mit abzubilden, ist nunmal Teil des Portraits und ich denke auch wichtig um zu verstehen, welche Herausforderungen mit dem Clubbetrieb einhergehen. Wenn man nämlich versteht, wie schwer der Erhalt von Clubs ist und das in Zusammenhang von dem kulturellen Mehrwert setzt, erkennt man auch die dringliche Relevanz, Clubs als Kulturstätten zu schützen.?Dennoch ist das nur ein Teil des Podcasts, denn in "Our House: Clubs und ihre Geschichten" geht es vor allem um den Spaß, die Kultur und die inspirierenden Geschichten und Menschen hinter den Clubs.


_Findet vielleicht auch ein Generationenwechsel statt? Gründen oder übernehmen junge Menschen die Clubs?


Laura Aha: In meiner Wahrnehmung ist Clubkultur mittlerweile eher ein intergenerationales Projekt geworden. Darüber haben wir auch mit Ata, dem Gründer des Robert Johnson in Offenbach, gesprochen. Der betreibt seinen Club seit über 20 Jahren erfolgreich und tut auch viel für die nächste Generation. Heute einen Club zu eröffnen ist definitiv schwieriger als vor 30 Jahren, aus verschiedensten Gründen. Ich glaube aber, dass gerade die Pandemie sehr viel kreativen DIY-Spirit freigesetzt hat. Daher bin ich gespannt, was danach kommt. Was man aktuell sieht ist, dass gerade online viele spannende neue Formate und Karrierewege entstehen - da, wo eben die "jüngeren Leute" unterwegs sind. Die Plattform HÖR Radio ist da ein gutes Beispiel. Über digitale Clubs und Online-Szenen sprechen wir daher auch in einer eigenen Episode.


Paulina Schulz: Kultur ist an sich ein Prozess, der von Generationswechseln geprägt ist und Clubkultur macht da keine Ausnahme. Clubs sind in erster Linie Begegnungsstätten bestimmter Generationen, die sich daher auch immer wieder ändern bzw. mit einer neuen Generation entstehen und mit einer alten Generation schließen können.


In der Folge zum Salon des Amateurs kann man ganz gut ein Gefühl dafür bekommen, welche Orte unterschiedliche Generationen prägen: der Ratinger Hof in den 70ern und 80ern, den es jetzt aber nicht mehr gibt und eben jetzt der Salon. Wie man einen Club über Generationen relevant behält und eng mit dem Nachwuchs zusammenarbeitet ist zum Beispeil dann auch ein wichtiges Thema in der Episode zum Robert Johnson.


Beides sind gute Beispiele, um zu veranschaulichen, dass Clubs beerbt werden, Orte schließen, aber auch immer viel Potenzial für Neues da ist. Auf jeden Fall findet mit jeder neuen Generation viel Bewegung und Veränderung des Gegebenen statt und das ist für mich sehr schön zu sehen.


"CLUBS SIND VIEL MEHR ALS NUR KONSUM UND FEIERN" - Laura Aha


_Warum ist der Club immer noch ein wichtiger Ort? Oder reicht es der neuen Generation draußen auf illegalen Raves zu feiern?


Laura Aha: Clubs sind viel mehr als nur Konsum und Feiern. Das deutlich zu machen, darum geht es auch in unserem Podcast. Für junge Menschen sind Clubs identitätsbildend. Es sind Orte, an denen sie sich vernetzen und Gleichgesinnte finden können. Das ist besonders wichtig für marginalisierte Menschen, für die Clubs oft Community Orte und Safer Spaces sind. Darüber sprechen wir zum Beispiel mit den Berliner Kollektiven hoe_mies, Ratchet und BERRIES. An ihnen zeigt sich auch schön, dass ein Club im eigentlichen Sinne nicht zwingend ein physischer Raum sein muss. Es ist eine Community. Und die braucht gleichzeitig auch sichere Räume, an denen sie sich entfalten, austauschen und erholen kann. Sowas lässt sich meiner Meinung nach kaum auf einem illegalen Rave realisieren.


Paulina Schulz: Ich denke, jede Generation schafft ihre eigenen Begegnungsorte nach ihrem Empfinden. Dass Clubs - also Orte mit geschlossenen Räumen, mit Abgrenzungs- und Rückzugsmöglichkeiten nach außen - weiterhin ein Bestandteil davon sein werden, steht für mich außer Frage. Kein noch so gut geschützter virtueller Space oder gut versteckter Outdoor-Rave wird die durch Wände geschütze Realbegegnung im Club ersetzen können. Aber vielleicht bin ich auch schon ein bisschen zu sehr "alte Generation", um das objektiv beurteilen zu können ;)...

Spotify-Podcast mit DJ Gigola taucht tief in die Clubkultur ein