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Musik

Ehemaliger BMG-Ariola-Chef baut neues Unternehmen auf

Internet-Start-Up-Firmen im Bereich Musik schießen zur Zeit wie Pilze aus dem Boden. Doch nur wenige Domains dürften mit soviel Startkapital gesegnet sein wie Peoplesound. Für den Aufbau der deutschen Dependence ist der ehemalige Ariola-Geschäftsführer Matthias Gibson zuständig.

Martin Schruefer08.03.2000 23:00

Seit zwei Wochen ist der Internet-Talentmakler im Netz: Unter www.peoplesound.de bietet das junge Unternehmen Künstlern die Möglichkeit, ihre Musik kostenlos zu veröffentlichen. Besucher der Site können dann gegen Bezahlung CDs aus dem Repertoire bestellen, oder sich die Musik als MP3-Datei herunterladen. Der Download ist derzeit noch kostenlos, soll aber demnächst auf einen sicheren Bezahlungsweg umgestellt werden. "Die Musiker schicken uns ein fertiges Produkt in Form einer CD oder einer MP3-Datei, und wir kümmern uns um den Rest", erklärt Matthias Gibson das Procedere. Der Rest heißt: Die Künstler bekommen eine Registrierung, danach geht das angebotene Material in die A&R-Abteilung, die dann entscheidet, ob die Musik den Qualitätskriterien von Peoplesound entspricht. "Wir machen prinzipiell keine stilistischen Einschränkungen", betont Gibson im Gespräch mit MUSIKWoche. "Unsere Website hat Platz für alle Genres. Wichtig ist nur, dass die Künstler auch Urheber des Materials sind. Ausnahme: Einspielungen von klassischer Musik." Im Anschluß erhalten die Musiker von Peoplesound einen Künstlervertrag, der neben den non-exklusiven Verwertungsrechten auch die Vergütung regelt. "Von jeder verkauften CD gehen 50 Prozent an den Künstler", so Gibson. "Außerdem sind wir die einzigen im Netz, die einen Vorschuß zahlen." Musiker, die einen Vertrag mit Peoplesound abschließen, bekommen 160 Euro vorab, die später mit den Verkaufserlösen verrechnet werden. Neben der Ansprache an die Online-Konsumenten will die Firma auch Talentsucher für die klassischen Tonträgerunternehmen sein. Die Idee eines digitalen A&R-Brokers hat die britische Mutterfirma von Peoplesound in kürzester Zeit zu einer der meist besuchten Musikseiten gemacht. Seit der Live-Schaltung der Dot-Com-Domain im Oktober 1999 haben sich rund 100.000 Nutzer registriert. Die Site generiert monatlich 750.000 Visits und über fünf Millionen Pageimpressions. Und auch die Künstler ließen nicht lang auf sich warten: "Wir hatten gehofft, zum Jahreswechsel 1000 Vertragspartner vorweisen zu können. Und das war schon eine optimistische Schätzung", meint Gibson. "Schließlich waren es dann 2500 Künstler, die unterschrieben. Inzwischen stehen wir bei 3500." Der Aufbau und die Verwaltung eines solchen Dienstes erfordert natürlich sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen, zumal kürzlich neben der britischen und der deutschen Domain auch eine französische Website lanciert wurde. Doch da dürfte es Peoplesound nicht bange werden: Das Investment-Konsortium Europ@web, hinter dem sich unter anderem der Luxuskonzern Louis Vuitton Moët Hennessy verbirgt, steckte mehr als 20 Millionen Dollar in das Unternehmen. Insgesamt verfügt Peoplesound nun über 75 Millionen Dollar Startkapital. Das soll unter anderem für die Verpflichtung von Personal und für Promotion verwendet werden. In Großbritannien hat die Firma inzwischen 75 Mitarbeiter, in Deutschland baut Matthias Gibson seine Mannschaft am Standort München noch auf. Zehn Kollegen hat er mittlerweile gefunden, weitere 15 sollen folgen. Als eine der ersten trat Alisa Wessel, bislang Promoterin bei Polydor, dem Aufbau-Team bei. Sie wird für den sogenannten Editorial-Bereich zuständig sein. Die weiteren Abteilungen (A&R, Marketing und Costumer Services) will Gibson so schnell wie möglich verstärken, damit die mit einem siebenstelligen Budget versehene Kampagne rechtzeitig zur Frankfurter Musikmesse ProLight + Sound starten kann. Deshalb sieht Gibson den kommenden Wochen mit Anspannung aber auch Zuversicht entgegen: "Wenn wir mit unserer Kampagne starten, wird es dem ein oder anderen Bekannten bei den Plattenfirmen die Blässe ins Gesicht treiben."

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