MusikWoche

Live

2022 wird die Betreibergesellschaft [Velomax Berlin](/company/velomax-berlin-hallenbetriebs-gmbh), die in der Hauptstadt das Velodrom und die Max-Schmeling-Halle unterhält, 25 Jahre alt. Im Gespräch mit MusikWoche blicken [Sybil Franke](/person/sybil-franke) und [Sebastian Rüß](/person/sebastian-ruess) auf Höhepunkte zurück, gehen aber auch auf die aktuellen Herausforderungen ein.


___Welches Fazit ziehen Sie nach 25 Jahren? Und inwiefern könnte man das an Zahlen festmachen?


Sybil Franke: Das Fazit fällt ausgesprochen positiv aus, beide Arenen sind eine Bereicherung für die Stadt, ihre Einwohner und den Tourismus, damals wie heute. Seit 1997 fanden in den beliebten Spielstätten mehr als 3000 Konzerte, Sportveranstaltungen und andere Veranstaltungsformate statt. Auch für Film- und Seriendrehs werden beide Arenen und die Außenbereiche regelmäßig gebucht. Besucht haben uns in den 25 Jahren mehr als 14.600.000 Gäste in der Max-Schmeling-Halle und mehr als 7.200.000 Gäste im Velodrom. So ziemlich alle namhaften Musikgrößen von David Bowie bis Motörhead, von Udo Jürgens bis The Cure und viele andere gaben sich über die letzten 25 Jahre die Ehre und hinterließen dabei unvergessliche Live Eindrücke.


___Gab es besondere Meilensteine in dieser Zeit?


Sebastian Rüß: Es gibt viele Meilensteine und Besonderheiten - auch abseits des Musikprogramms bei uns wie zum Beispiel die Schwimm-EM 2014 im Velodrom. Gut 5000 Zuschauer konnten der Schwimm-EM live bei 42 Entscheidungen im extra erbauten 50 mal 22,5 Meter großen Becken beiwohnen. Geschwommen wurde dort zuvor noch nie, entsprechend aufregend waren die Umbauten im Vorfeld. Vor der EM hieß es dann nach zweiwöchigem Aufbau: Wasser marsch. 2,5 Millionen Liter Trinkwasser befüllten durch eine eigens angelegte Leitung das mit blauem PVC ausgekleidete Stahlbecken. Etwa 200 Liter davon verdunsteten täglich. Und auch die damalige Eigenveranstaltung »Zirkuswelten« im Velodrom gehört zu unseren Kuriositäten: Hier büxte 2005 ein Nashorn bei den Aufbauten aus.


___Wo liegen die besondere n Vorteile des Velomax-Set-ups? Wie wichtig ist dabei die Zugehörigkeit zu Gegenbauer?


Sybil Franke: Jahrelange Erfahrung, ein stabiles Team mit Mitarbeitenden, die teilweise seit Gründung der Velomax dabei sind, sind starke Kompetenz-Anker im Unternehmen. Zudem ist das ganzheitliche Portfolio, das wir durch die Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe Gegenbauer anbieten können, sehr hilfreich. Wir bieten Gebäudemanagement, Sicherheitsdienste, Reinigungsservices und vieles mehr aus nur einer Hand an. Das ist in Zeiten von Personal- und Materialmangel ausgesprochen hilfreich. Eine gute Vernetzung in der Stadt Berlin und mit Sport, Kultur, Politik und Wirtschaft ist ebenso von Vorteil und hier bei uns lange gelebte Praxis. Zudem sind beide Häuser extrem spektakuläre architektonische Highlights, die noch immer zeitgemäß sind und sich von anderen Multifunktionsarenen deutlich abheben.


___Wie hat sich die Rolle von Spielstätten etwa bei Promotion, Vermarktung und Zusammenarbeit mit den Veranstaltern in diesen 25 Jahren verändert?


Sebastian Rüß: Die Komplexität hat auf allen Ebenen zugenommen. Die Ansprüche an Spielstätten sind extrem gestiegen, sowohl was die Ausstattungen angeht, zum Beispiel Anforderungen an zeitgemäße Technik, Angebotserweiterung im Bereich Gastronomie, Unterstützung in der Vermarktung und Nachhaltigkeitsbewegungen, um nur einige Punkte zu nennen. Auch Sicherheitsanforderungen, Hygienekonzepte und Datenschutz nehmen viel Raum ein und verkomplizieren die Prozesse.


___In diesen 25 Jahren hat der Wettbewerb der Spielstätten zugenommen - einerseits zu kommunal geführten Hallen, andererseits zu Hallen, die zu großen Konzernen gehören, die unter einem Dach auch Ticketing und Veranstaltungsgeschäft bieten. Wie positioniert sich in diesem Zusammenhang Velomax?


Sybil Franke: Wir befinden uns in einer besonderen »Zwitterposition« als privater Betreiber öffentlicher Liegenschaften. Dieses Modell funktioniert in unserem Fall ausgesprochen gut. Dass der Markt sich verschärft und verdichtet hat, spüren wir natürlich und müssen unsere Positionierung und Marktfähigkeit immer wieder neu überprüfen. Als privater Betreiber und durch unsere Zugehörigkeit zum Familienunternehmen Gegenbauer bringen wir die dafür erforderliche Flexibilität und Anpassungsfähigkeit mit.


___Wie wichtig sind für Velomax eigene Veranstaltungen und der Aufbau der Hallen als eigene Marken?


Sybil Franke: Eigene Veranstaltungen führen wir nicht mehr durch und planen dies auch nicht in absehbarer Zukunft. Wir fungieren als Partner der Veranstalter und konkurrieren nicht mit diesen durch eigene Produktionen. Unsere Häuser sind fest etablierte Marken, deren Images wir bewusst erarbeitet haben.


___Corona-Nachwirkungen, Sicherheitsmaßnahmen, steigende Energiepreise etc: Wo liegen die größten Herausforderungen für Velomax?


Sebastian Rüß: Personalgewinnung in den Minijobberbereichen, etwa in der Gastronomie, ist eine große Herausforderung, und hier müssen wir permanent aktiv sein, umdenken im Recruiting und auf die Zusammenarbeit mit Partnern setzen. Der exorbitante Anstieg der Energiekosten ist in der Tat ein massives Problem. Sollte diese Entwicklung nicht gestoppt werden, ist ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb von Veranstaltungsstätten nahezu unmöglich.


___Nachhaltigkeit ist in den 25 Jahren immer wichtiger geworden, wie hat sich Velomax diesem Thema gestellt, was ist noch geplant in dem Bereich?


Sybil Franke: Wir beschäftigen uns im Unternehmen seit mehr als zwölf Jahren aktiv mit Nachhaltigkeitsthemen. Die Geschäftsführung der Velomax trägt das Thema von Beginn an aktiv mit. In unserem internen Nachhaltigkeits-Team, dem sogenannten "Green Team", sind Kollegen aus allen Abteilungen der Velomax freiwillig involviert. Im Green Team geht es darum, sich regelmäßig in Meetings zu treffen, neue Ideen und Themen zu sammeln, die Möglichkeiten einer Umsetzung zu prüfen und zu terminieren und diese bis zum Schluss bis zur Evaluation weiterzuverfolgen. Hier werden auch alle großen und kleineren geplanten Neuerungen, Anschaffungen und Umbauten auf Nachhaltigkeitsaspekte geprüft.


___Gibt es dafür ein Beispiel?


Sybil Franke: Unsere größte nachhaltige Errungenschaft in den letzten Jahren ist der Umbau der herkömmlichen Leuchten im Velodrom und der Max-Schmeling-Halle auf LED, was eine Energieersparnis von ca. 60 Prozent mit sich bringt. Die »niedlichsten Nachhaltigkeits-Maßnahmen« sind und bleiben unsere pelzigen Mitbewohner: Wir haben auf beiden Häusern Bienen, die von Imkern betreut werden. Auf der Max-Schmeling-Halle grasen außerdem seit 2019 jährlich über mehrere Monate natürliche Rasenmäher: Schafe.


___Können Sie sich eine dritte Halle im Berliner Portfolio vorstellen?


Sebastian Rüß: Ja, das können wir, insbesondere für den Bereich des (Profi)-Ballsports ist eine weitere Arena dringend erforderlich. Berlin verfügt über erfolgreiche aufstrebende Frauenteams im Basketball, Handball und Volleyball, für die dringend Kapazitäten geschaffen werden müssen. Berlin benötigt perspektivisch dringend eine, wenn nicht sogar zwei weitere ballsportfähige Veranstaltungshallen, die Entwicklungen zu dieser Thematik verfolgen wir mit großem Interesse. Auch eine Open-Air-Spielstätte ist vorstellbar.


___Wohin soll die Reise für das Unternehmen mittel- und langfristig gehen?


Sybil Franke und Sebastian Rüß: Wir begehen in diesem Jahr unser 25-jähriges Firmenjubiläum, von Beginn an betreiben wir die Max-Schmeling-Halle und das Velodrom. Gern können dem weitere 25 Jahre folgen. Trotz aller Schwierigkeiten blicken wir optimistisch in die Zukunft.


____Außergewöhnliche Events bei Velomax:


- Basketballspiel Nike Hoop Heroes 1997


- Tennisspiel Boris Becker vs. John McEnroe 1998


- Tatsächliche Boxkämpfe in der ursprünglich als Boxarena geplanten Mehrzweckhalle: Alex Schulz versus Kevin McBride (MW-Kampf im Halbschwergewicht) 1997 oder 2014 Arthur Abraham versus Nikola Sjeklóca


- Benefiz-Basketballspiel mit Marko Pesic gegen Justin Timberlake, gepfiffen von Dennis Rodman


- Indoor Windsurfing Cup! 1997


- Indoor-Fußball, Vorrunde DFB-Hallenpokal 1998


- ein Supercross-Turnier


- ein Reitsportturnier


- ein Bundesvision Songcontest von Stefan Raab


- die EM im Schwimmen 2017


- das allerletzte Motörhead-Konzert (11. Dezember 2015) und das letzte Deutschlandkonzert von The Prodigy (27. November 2018) fanden beide in der Max-Schmeling-Halle statt


____Max-Schmeling-Halle


Die Eröffnung war nach einer Bauzeit von vier Jahren im Sommer 1997. Die Baukosten lagen bei umgerechnet 105 Millionen Euro. Das Architektentrio Jörg Joppien, Albert Dietz und Annette Maud-Joppien entwarf und baute die Halle. Anlass war die Berliner Bewerbung um die Olympischen Spiele 2000. Die Kapazität mit Mittelbühne liegt unbestuhlt bei circa 11.900 Personen. Die Arena bietet 7491 festinstallierte Sitzplätze, maximal 4040 Plätze im Innenraum, 20 Imbiss-Stände in den Umläufen und mindestens 16 Rollstuhlplätze.


Daten:


Lichte Höhe unter Sekundärtragwerk: 16,6 Meter


Gesamthöhe: 18 Meter


Arena-Innenraum bei eingefahrenen Tribünen: ca. 2298 Quadratmeter


Arena-Innenraum bei ausgefahrenen Tribünen: ca. 1335 Quadratmeter


Fläche Umlauf und Foyer:


ca. 3300 Quadratmeter


Sonstige Ausstattung


Halle A und B (sechsfach teilbar):


2430 Quadratmeter


Halle C (dreifach teilbar)...

Velomax sieht die eigenen Häuser zum Jubiläum als "fest etablierte Marken"